Überbestand ist ein Begriff, der vor allem in der Logistik und in der Bestandsverwaltung verwendet wird. Man spricht von Überbestand (oft auch von Überschuss oder Bestandsüberschuss) wenn die Anzahl der bestehenden Ressourcen im Lager die Nachfrage nach den Ressourcen deutlich übertrifft.
Habe ich Überbestand?
Ab wann spricht man eigentlich von Überbestand? Um das herauszufinden, teilen Sie ihre lagergeführten Ressourcen in drei Kategorien ein.
- Planmäßiger Bestand: Der planmäßige Bestand beschreibt alle Waren in Ihrem Lager, die aufgrund von Prognosen und planmäßigen Bestellungen verkauft werden können.
- Überbestand: Alle Ressourcen, die nach der prognostizierten Nachfrage übrigbleiben. Bei Waren, die nicht lagergeführt sind, (wo also das Ziel ist, keine Bestände vorrätig zu haben) zählt jede Ware, die trotz dessen gelagert wird, als Überbestand.
- Altbestand: Sobald Ressourcen länger als 12 Monate ohne Nachfrage im Lager platziert sind, spricht man von Altbestand.
Warum entstehen Überbestände?
Die Gründe für Überbestand sind oft vielfältig. Grundsätzlich lassen sie sich aber in zwei Kategorien einordnen.
Extern: Äußere Einflüsse wirken auf Ihr Unternehmen
Der Zeitgeist, Mode, Krisen und andere Einflüsse, auf die Ihr Unternehmen keinen direkten Einfluss hat, wirken sich stetig auf die Nachfrage von Produkten aus. Wenn es durch diese Einflüsse zu Schwankungen kommt, stimmt Ihre Prognose nicht mehr mit der tatsächlichen Nachfrage überein und es verlassen weniger Waren als zuvor angenommen das Lager.
Intern: Ungenauigkeiten im Einkauf
Intern lassen sich (fast) alle Gründe für Überbestand auf Fehlkalkulationen und ungenaue Prognosen im Einkauf zurückführen. Um die Motive dahinter besser zu verstehen, geben wir Ihnen hier acht konkrete Beispiele:
- Die Versuchung, eine größere Bestellung aufzugeben, um einen größeren Rabatt zu bekommen. Nicht immer macht der bessere Preis auch einen besseren „Deal“ aus.
- Wenn für Bestellungen mit einer Lieferzeit gerechnet wird, die größer als die tatsächliche Lieferzeit ist, treffen die Bestellungen ein, bevor diese tatsächlich benötigt werden.
- Wenn Sie Ihre Bestellungen ohne ein Warenwirtschaftssystem aufgeben, ist die Gefahr groß, dass die Bestellmengen immer aus einem Bauchgefühl heraus aufgegeben werden. Das kann je nach Mitarbeiter deutlich variieren.
- Mindestabnahmemengen beim Lieferanten können zu Überbestand führen.
- Bestellungen für Sonderanfertigungen ohne konkrete Kundenbestellungen führen oft zu Überbestand.
- Die erste Bestellung eines neuen Artikels kann oftmals zu hoch ausfallen, wenn es im Markt nicht genügend Bedarf gibt.
- Zu hohe Bestellmengen bei Artikeln mit begrenzter Haltbarkeit.
- Hohe Anzahl an Retouren.
Welche Folgen hat Überbestand für mein Unternehmen?
Die Folgen durch Überschuss sind nicht immer auf den ersten Blick erkennbar, aber kosten langfristig bares Geld:
- Kosten: Lagerhaltung, Bestandsaufnahme, Versicherung und Beseitigung von Überschuss erhöhen die Betriebskosten und senken den Gesamtwettbewerbsvorteil
- Gebundenes Kapital: Geld, das in Überschuss gebunden ist, hätte für Einkäufe von „gut laufenden“ Artikel eingesetzt werden können. Waren mit höherer Lagerumschlagshäufigkeit generieren mehr Umsatz.
Wie kann Überbestand effektiv vermieden werden?
Externe Geschehnisse können nicht direkt beeinflusst werden. Intern können zu hohe Lagerbestände aber gezielt angegangen werden.
- Nutzung von Warenwirtschaftssystemen: Digitale Tools helfen hier die Prozesse effizient zu überwachen. Sie geben in Echtzeit genaue Informationen zu allen wichtigen Variablen in der Supply Chain und helfen letztlich dabei, die Lagerkosten zu senken. Warenwirtschaftssysteme geben Ihnen unter anderem einen Überblick über den Durchschnittsbestand, den Zyklusbestand und Spekulationsbestand.
- Optimierte Lagersysteme: Ihr Lagersystem muss an die Gegebenheiten Ihres Unternehmens angepasst sein. Je nachdem, welches Lagersystem Sie nutzen, ergeben sich oft Optimierungspotenziale.
Welche Arten von Lagersystemen gibt es?
- Kommissionierlager: Ziel ist hier eine Steigerung der Effizienz. Außerdem ist es wichtig, dass stets der Zugriff auf alle Waren möglich ist.
- Umschlagslager: Hier werden Waren nur kurze Zeit gelagert, um dann direkt weitergeleitet zu werden.
- Zwischenlager: Zeitlich befristete Zwischenlagerung von Waren. Oft sehr heterogene Warenvielfalt.
- Distributionslager: Meist nur wenige Arten von Produkten, die gelagert werden, um Auslieferungsfristen einzuhalten.
- Beschaffungslager: Hier werden alle Ressourcen gelagert, die für die Produktion wichtig sind. Daraus ergibt sich meist eine Vielfalt an Produkten.
- Vorratslager: Das Vorratslager stellt sicher, dass auf Bedarfsschwankungen adäquat reagiert werden kann. Hier ist oft nur eine geringe Produktvielfalt vorzufinden.
Ein häufiger Trugschluss bei Überbestand
Oft fragen sich Unternehmer „Warum ist ein Überbestand überhaupt schlimm, vielleicht bieten Überbestände auch Vorteile?“ Einer der gängigsten Trugschlüsse ist: „Durch Überbestände garantieren wir 100 % Lieferbereitschaft bei allen Produkten„. Unternehmer verwechseln hier den sogenannten Sicherheitsbestand mit dem Überbestand. Oft wird ein Sicherheitsbestand einkalkuliert, um einen kleinen Puffer zu haben. Ein Überbestand geht aber über diesen Sicherheitsbestand hinaus und bindet Kapital, welches an anderen Stellen sinnvoller eingesetzt werden kann.
Überbestände zusammengefasst:
Überschuss von Beständen beim Kaufen und Verkaufen lässt sich in der Praxis nicht zu 100 % vermeiden. Jedes Unternehmen, das mit einem Lager arbeitet, wird früher oder später mit der Thematik von Überbeständen konfrontiert. Grundsätzlich ist es wichtig, dass Sie sich mit Ihren Lagerartikeln auseinandersetzen und ihre Ressourcen in die entsprechenden Kategorien „planmäßiger Bestand„, „Überbestand“ und „Altbestand“ einteilen. Außerdem ist es wichtig zu verstehen, dass die Entstehung von Überschuss durch interne und externe Faktoren bedingt wird. Um darauf adäquat zu reagieren, sollten Sie sich über die Folgen von Überbestand im Klaren sein. Durch die Menge der Lagerartikel ergibt sich gebundenes Kapital und allgemein schlechtere wirtschaftliche Karten im Wettbewerb. Daher sollte jeder Unternehmer alles daran setzen, Überschuss zu reduzieren und vorhandene Lösungsstrategien nutzen, um Überbestand zu eliminieren. Das gelingt vor allem durch das Verfügen über Warenwirtschaftssysteme und optimierte Lagersysteme. Dadurch lassen sich Lieferketten anpassen und es gelingt ein an maximale Effizienz orientiertes Distributionscontrolling mit geringerer Fehlmenge und weniger Überbestand (und Unterbestand).